Dieser Januar. Ein merkwürdiger Monat. Der Januar hat es generell schwer, er kommt mir oft vor wie das ungeliebte Stiefkind. Es ist noch kalt und dunkel, die Feiertage sind vorbei und dann ist der Monat auch noch so lang! In Anbetracht der Pandemie fürchtete ich auch einen extrem langen und zähen Januar. Doch nach der Hälfte des Monats stelle ich überrascht fest: nein, so ist es nicht. Dafür gibt es zwei Gründe.
Der erste Grund: Die Tage und Wochen gleichen sich seit Monaten, seit Ende Oktober. Das Land ist in den erneuten irgendwie so etwas wie ein Lockdown gegangen, ich bin nun fast gar nicht mehr draußen, Freunde sehe ich fast gar nicht mehr, ich sitze zu Hause, seit Wochen. Ich habe den Verdacht, dass ich mich an dieses alles ist gleich so sehr gewöhnt habe, dass die Zeit irgendwie doch schnell vorbei geht. Denn auch ohne Arbeit, die ich an den meisten Tagen des Jahres bisher war, sind sie gefüllt: mit Orgel üben, Lesen, Kochen, dazu unten gleich mehr, Serien gucken.
Ich hatte mich auch darauf eingestellt, dass es so weiter geht, doch sehr plötzlich hat sich meine Situation geändert und das ist der zweite Grund, warum auf einmal die Zeit schnell vorbei geht. Ich bin seit wenigen Tagen Teamleiter im Impfzentrum Tempelhof. Weil das Zentrum aber noch nicht geöffnet ist, bin ich auch nicht jeden Tag vor Ort, nur an wenigen Tagen um Abläufe zu üben, mich mit dem neuen Job vertraut zu machen. Dienstag habe ich den Vertrag unterschrieben, aber so richtig ist es bei mir noch nicht angekommen, dass ich nun festangestellt bin, beim Arbeiter-Samariter-Bund. Ich bin in meinem Leben überhaupt nur die wenigste Zeit festangestellt gewesen, ich habe immer freiberuflich gearbeitet.
Am meisten Freude und Abwechslung bringt es mir, wenn ich in der Küche stehe. In den vergangenen zwei Tage habe ich Marmelade gekocht aus Bitterorangen. Es sind recht viele Arbeitsschritte und es ist alles ziemlich aufwändig, aber wenn dann die Marmelade fertig ist, sie auf dem Herd steht und kocht und sich dann dieser karamellige-orangene Duft verbreitet – es ist so gut! Ich habe mir gerade noch einmal das Ergebnis angeschaut und es macht mich einfach sehr glücklich, die Gläser zu sehen, die gefüllt sind mit der köstlichen Marmelade, in diesem schönen sanften orange, gleichmäßig darin verteilt die in feine Julienne geschnittenen Schalen…
Schon ein paar Tage davor stand ich am Herd und habe Marmelade gekocht: Aus Bergamotten. Ich liebe Earl Grey Tee, auch jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, steht neben mir eine schöne, im Dänemark-Urlaub erstandene Teekanne gefüllt mit Earl Grey. Auf Twitter stolperte ich über ein Foto mit Bergamotte-Marmelade, Rezept bekommen und dann war klar: Das wird gemacht! Sie ist sehr gut geworden, hat einen recht zitronigen, typischen Bergamotte Geschmack und ist leicht bitter. Das passt nicht nur auf ein süßes Brioche – oder Milchbrötchen wie man in Norddeutschland sagt -, die Bergamotte-Marmelade fügt sich auch wunderbar zu gedünstetem Fisch mit einem Salat aus Raddicchio, Blutorangen, Feldsalat und leicht gedünstetem Fenchel.




Und bei allem merke ich auch immer mehr: ich möchte mich endlich wieder frei bewegen. Normalerweise wäre ich jetzt im Januar eine Woche mit dem Liebsten auf der dänischen Nordseeinsel Rømø, wir säßen in einem Haus mit Kamin, Sauna und Whirlpool und täten: nix, außer schlafen, essen, Netflix, lesen, Sauna, Whirlpool in beliebiger Reihenfolge.
Ich möchte so dringend mal wieder auf eine Party, tanzen, im Club stehen, zu guter Musik mit Freunden eine tolle Zeit haben – das fehlt mir gerade sehr!
Das positive, was ich dieser Zeit abgewinnen kann: Mit einigen Freunden und ausgewählten Mitgliedern der Familie ist der Kontakt und Austausch sehr viel enger geworden. Lang leben die Messenger-Dienste!